Dienstag, August 01, 2006

 

Deja-vu in Petrovice

Zuerst mal ein dickes Sorry an alle 121 (absoluter Rekord!) Blogleser, die heute vergeblich auf das Ergebnis unseres Petrovice-Trips gewartet haben. Irgendwie konnten wir uns nicht losreißen, haben Sonntag noch bis kurz vor Mitternacht weitergezockt, waren gegen 4 Uhr früh zu Hause und einfach ein bisschen zu erschöpft für ein sofortiges News-Update. Man möchte es gar nicht glauben, aber drei Tage konzentriertes Quasi-Nonstop-Poker in einem verrauchten und stickigen Casino mit im wesentlichen nur einer Mahlzeit pro Tag und viel zu wenig Schlaf können doch ein wenig schlauchen. Und sowas soll Spaß machen?

Ja, und wie! Zu keiner anderen Gelegenheit trifft man so viele interessante und vielschichtige Menschen auf einem Haufen; Menschen, mit denen man - unabhängig von Alter, Beruf oder Wohnort - einfach auf einer Wellenlänge liegt. Ihr alle, die da wart und auch die, die gern dabei gewesen wären und die ich eben erste nächstes Mal kennen lerne oder wieder treffe: Danke für den Beweis, dass es noch Leute außer uns auf der Welt gibt, die lebendig sind - anders als die vielen Zombies aus meinem "anderen Leben", die in ihrem täglichen Trott zwischen Arbeit und Fernseher dahin vegetieren und als einzige Perspektive haben, dass ihr Haus in 30 Jahren abbezahlt ist und man dann vielleicht nicht nur zwei, sondern sogar vier Wochen im Jahr nach Italien fahren kann. Ist es das, was man "erwachsen" nennt? Danke, dann kann ich gut darauf verzichten und spiele lieber weiter mit den anderen Kindern (aller Altersklassen).

Hoppla, eigentlich wollte ich gar keine Philosophie-Vorlesung halten...

Jetzt mal zu den Fakten:
Die Vorrunden beginnen am Freitag nicht wie geplant um 19, sondern erst nach 20 Uhr, weil nicht nur wir, sondern auch eine Menge andere Leute im Stau stecken geblieben sind. Die Turnierstruktur hat sich gegenüber Folmava (Mai 06) und dem ersten Turnier in Petrovice (Januar 06) nicht wesentlich geändert - nur die Blinds steigen mit 14 Spielen pro Level (statt bisher 9 oder 10) spürbar langsamer an - natürlich ein Vorteil für jemanden, der nicht alles dem Glück überlassen möchte. Wie in den beiden letzten Events finden am Freitag und Samstag jeweils Single-Table-Qualifier statt, bei denen sich die ersten drei Teilnehmer jedes 9er-Tisches für das Finale qualifizieren. Buy-in ist €50+15 für 1500 Chips, unlimited Rebuys (1500 Chips für €50) und ein Add-on (3000 Chips für €50). Mit den €15 Fee sind alle nichthochprozentigen Getränke für drei Tage sowie zwei warme Mahlzeiten und ein Vorrat an belegten Brote und Würstchen abgedeckt - allein hier kann der geübte Trinker schon deutlich +EV abschneiden. :)
Unser durchaus brauchbares Hotel kostet €15 pro Nacht und Person - die Nebenkosten halten sich also durchaus im bescheidenen Rahmen.
Ich starte ganz gut an meinem Tisch und kann mich mit kontrollierter Agression trotz einiger Rebuys an unserem Tisch ohne eigenes Rebuy immer einigermaßen im Chip-Schnitt halten. 8 von 9 Spielern kaufen das Add-on. Nach einer Essenspause (Riesenschnitzel mit verschiedenen Beilagen, durchaus brauchbar) beginnt die Freezeout-Phase. Relativ schnell sind wir nur noch zu viert am Tisch, zwei Smallstacks doppeln mit Zwangs-all-ins auf und plötzlich stehe ich mit etwas über 10000 Chips und Blinds von 1000 und 2000 an letzter Stelle. Die Schlüsselhand: Ich habe K-T offs am Button, raise auf 4000 und werde vom eigentlich ziemlich tigten SB sofort all-in gestellt. Nach einigem Überlegen werfe ich die Hand schweren Herzens weg, weil ich ein Pärchen über 9 erwarte. Später erzählt mit der SB, dass er ein kleines Pärchen hatte - damit wäre mein Call natürlich Pflicht gewesen. Als ich im BB bin, bekomme ich A-K, gehe natürlich all-in und werde von zwei Spielern gecallt. Flop: Q-5-3... hm, hoffentlich hat niemand getroffen. Spieler 1 möchte sinnvollerweise durchchecken, Spieler 2 spielt halben Pot an, Spieler 1 passt offen Q-2. Spieler 2 deckt K-T auf - ein wirklich sehr dämlicher Bluff. Leider haben aber die Pokergötter ein Einsehen mit ihm und liefern auf dem Turn eine 10 - und auf dem River gleich noch eine. Ausgeschieden als Vierter, wie damals im Januar in der ersten Qualifikationsrunde. Deja-vu.

Wenigstens haben Sunshine, Cort und Olli vom Poker-Tester-Forum keine Probleme und qualifizieren sich sofort und wohl weitgehend problemlos. Ich muss am Samstag einen weiteren Versuch starten.

Dafür läuft das anschließende Cashgame am Freitag abend für mich ganz hervorragend. Wie spielen Potlimit €1/2 und ich kann mich über schlechte Karten wirklich nicht beschweren. Am Ende des Abends stehen hier €294 Gewinn zu Buche, damit sind meine Turnierbuyins von Freitag und Samstag schonmal gut bezahlt.

Samstag nachmittag läuft die zweite Qualifikationsrunde. Wieder kann ich mich ohne Rebuy mit einem halbwegs komfortablen Stack in die Freezeout-Phase retten, wieder gehen mir dann die spielbaren Karten aus und wieder scheide ich gegen einen 3-Outer auf dem River aus, wie damals im Januar. Deja-vu. Naja, eine Chance habe ich noch, das allseits beliebte Lucky-Loser-Freeroll am Sonntag zur mehr als unchristlichen Zeit von 11 Uhr früh - das verspricht eine kurze Nacht zu werden.

Das heutige Cashgame - ich sitze diesmal an einem €1/2 NL Tisch - ist spürbar hochklassiger als gestern. Ein Spieler mit unglaublichen Reads auf alle anderen am Tisch gibt Lehrstunden und legt seine Gedankengänge offen. Ich glaube, ich habe noch nie so viel an einem Abend über Poker gelernt - und wenn ich nicht mit K-K gegen A-A gelaufen wäre (ja, sowas gibt's tatsächlich nicht nur online), hätte ich sogar mit positivem Ergebnis abgeschlossen. €110 Verlust war mir der Abend aber allemal wert.

Am Sonntag startet mit etwas Verspätung das Lucky Loser Freeroll. An drei Tischen nehmen je sieben Leute Platz, von denen sich je einer noch für das Finale qualifiziert. Ich habe nicht viel geschlafen und spiele wahrscheinlich nicht besonders hochklassig - spielt aber auch keine große Rolle bei einem Startstack von 1000 Chips, Startblinds von 50/100 und einem Blindanstieg alle 5(!) Spiele. Ein reines Glücksspiel also, so ist es auch angelegt, damit das Finale nicht zu spät losgeht. Am Ende gewinne ich meinen Seat im Finale glücklich gegen Phil, genau wie im Januar. Deja-vu.

Das Finale hat mit 5000 Chips, Blinds von 50/100 und Blindanstieg alle 14 Spiele wieder eine durchaus brauchbare Struktur. Wir starten mit 3 Tischen zu je 9 Spielern. Gleich zu Anfang verliere ich über 2000 Chips, als ich mit 7-7 auf einem preflop geraisten 6-8-9-Flop 500 und auf dem Turn gegen einen offensichtlichen Flushdraw nochmal 1000 anspiele, um auf dem River (Flushkarte kommt natürlich :( )all-in gesetzt zu werden. 5 Minuten später beginnt aber meine Aufholjagd. Ich verdopple zuerst mit K-K gegen Q-Q, dann nochmal mit J-J gegen A-Q. Als es noch 18 Spieler sind und mein Tisch aufgelöst wird, stehe ich ca. an 5. Stelle im Chipcount - durchaus zufrieden stellend. Sunshine ist leider sehr shortstacked, weil ihre K-K gegen A-T verlieren mussten und scheidet kurz darauf mit 3-3 gegen Josch's 6-6 aus. Dass Josch noch im Turnier ist, ist sowieso ein Wunder - er hat gleich am Anfang ein Fullhouse gefloppt, seinen Gegner aber so genau auf A-A eingrenzen können, dass er nach A im Turn und einem Stop-Bet nur noch ein paar Chips riskiert hat. Hut ab, auch für die anschließende Wiederaufbauarbeit! Cort und Olli geht es nicht viel besser als Sunshine, auch sie scheiden vor Erreichen des Final Table und damit des Geldes aus.
Als es an den Final Table geht, stehe ich mit 13000 Chips an 4. Stelle im Chipcount. Bernhard, der Chipleader, hat schon weit über 30000, aber bekanntlich ist im Poker vieles möglich. Das zeigt sich bald, als Bernhard mit K-K das all-in gleich zweier Spieler callt. Der eine dreht J-J um, der andere A-Q. Flop: A-x-x. Turn: J. River: x. So kann's gehen - die beste Starthand gewinnt nichtmal den Sidepot. Etwas später doppelt mich Bernhard - immer noch gut mit Chips bestückt - auf, als ich mit K-Q seinen BB raise, er mich mit K-8 callt, ich aus Verzweiflung auf dem 8 high Board all-in gehe und er mir kein Paar > 8 glaubt. Naja, wozu brauche ich ein Paar, wenn ich auch mit einem Runner-Runner Flush gewinnen kann? Mit jetzt deutlich mehr Chips im Rücken kann ich mein Spiel etwas agressiver gestalten, ein paar Pötte stehlen und stehe plötzlich wieder einigermaßen gut da. Inzwischen sind einige Shortstacks vom Tisch und wir sind nur noch zu dritt. Als der Chipleader einen Chipdeal vorschlägt, sehe ich kaum noch Chancen, das Ding rumzureißen. Er spielt ein solides, agressives Spiel ohne sichtbare Angriffspunkte für mich und hat mit 87100 Chips gegen meine 30800 und Svens 17100 eine sehr deutliche Übermachtstellung. Die Blinds sind mit 6000/3000 hoch genug, um keine Moves mehr zuzulassen. Außerdem ist der Zeitpunkt für einen Deal günstig, weil ich als nächster mit dem BB dran wäre. Wir einigen uns also, dass jeder als Sockelbetrag das Preisgeld für den dritten Platz bekommt (je €1000) und das restliche Geld (€1900) zusätzlich linear nach Chipstand verteilt wird. Damit kommen für mich €1435 heraus, für den aktuellen Leader €2225 und für den aktuell Dritten €1240. Dann spielen wir weiter, weil es noch Pokale und Ranglistenpunkte für die Casino-Arber-Tour-Wertung auszuspielen gilt. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass ich der große Verlierer des Deals bin, weil mein schon fast peinliches Glück anhält und ich zuerst Sven mit einem geriverten Set und dann auch noch meinen letzten Gegner (diesmal mit Runner-Runner Straight) vom Tisch nehme. Ohne Deal wären es damit €1065 mehr Preisgeld für mich gewesen. Trotzdem würde ich mich wohl wieder so entscheiden.

Fazit: Wieder über die Lucky-Loser-Runde ins Finale reingeluckt, wieder gewonnen. Wie im Januar. Deja-vu.

Da wir diesmal nicht unter Zeitdruck stehen, lassen wir das Wochenende nach einem Abendessen noch mit etwas Limit €3/6 (ich mag Limit immer noch nicht, aber hin und wieder versuch ich's doch immer mal wieder) und einem €50+5 S&G ausklingen. Sunshine verliert mit zwei gefloppten Paaren gegen zwei geriverte bessere Paare, aber ich werde Zweiter von Sieben und kann unsere Startgelder bis auf €5 wieder zurück holen.

Meinen Gesamteindruck des Wochenendes habe ich schon am Anfang geschrieben - und der wäre sicherlich nicht viel anders, wenn ich weniger oder auch gar nichts gewonnen hätte. Ich freue mich schon auf das nächste Pokerwochenende vom 29.09. bis 01.10. in Folmava (bei Furth im Wald). Der Termin sollte im Kalender jedes Pokerjunkies dick angestrichen sein!

Finanzielle Bilanz des Wochenendes: Cashgame +€185, Turnier +€1225.
Kann sich sehen lassen, finde ich!

Comments:
Einen Deal unter den letzten drei Spielern zu machen war völlig richtig. Das werden Dir auch viele der Profis bestätigen. Und das Du dann dennoch gewonnen hast, zeigt uns doch Dein solides Spiel.
Gruss
BennoOnline
 
Klingt ja gar nicht so schlecht, aber dass Du uns soooo lange hast warten lassen.... *rüffel*

Wollte eigentlich nur loswerden, dass ich Dein Blog taeglich mit grossem Interesse verfolge. Da ich erst vor ca. 3 Monaten mit Hold'em angefangen habe, ist es wirklich sehr lehrreich, auch wenn man am Anfang kaum ein Wort versteht (unter "er hat mir die nuts geraised" haette ich vorher etwas ziemlich schweinisches verstanden *g*).

Also : weiter so und viel Erfolg bei Deiner "Challenge", vielleicht sieht man sich ja eines Tages am Tisch ;)

Gruss, HoCz
 
Gratulation zum Sieg.
Was ich noch viel besser finde sind
deine philosophischen Reden am anfang.Genau meine Meinung getroffen damit. Mach weiter dein Ding und du bist zufrieden, was die anderen Denken ist egal.
Hoffe man trifft sich mal irgentwann im realen Leben.
 
Good day, sun shines!
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